Reichspogromnacht/"Reichskristallnacht"

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In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 finden in ganz Deutschland die bis dahin schwersten öffentlichen Ausschreitungen gegen Juden und ihre Einrichtungen in der Neuzeit statt. Der Begriff "Reichskristallnacht" wird vom Volksmund in Anspielung auf die bei den Ausschreitungen zerstörten Schaufensterscheiben jüdischer Läden geprägt. In der Presse werden die Vorfälle heruntergespielt, in der NS-internen Aktensprache ist von der "Judenaktion" oder der "Novemberaktion" die Rede.

Nach einer Hetzrede Goebbels´ organisieren SA-Führer von München aus mit Hitlers Zustimmung noch in derselben Nacht den Pogrom. Angehörige von SA, SS und Hitlerjugend und Sympathisanten stecken Synagogen in Brand und plündern etwa 7000 Geschäfte jüdischer Einzelhändler. Fast 100 Menschen werden ermordet, Tausende jüdische Männer in Konzentrationslager verschleppt. Im Nachhinein stellen die NS-Medien den Pogrom als einen "spontanen Ausbruch des Volkszorns" dar, der eine Reaktion auf die Ermordung eines deutschen Diplomaten in Paris durch den 17-jährigen Juden Herschel Grynszpan gewesen sei.
Der Großteil der deutschen Bevölkerung steht den Ausschreitungen verhalten gegenüber. Es gibt aber auch kaum Versuche, die Angriffe zu verhindern oder Juden zu helfen. Die Juden in Deutschland werden verpflichtet, gemeinsam eine als "Sühneleistung" bezeichnete Zwangsabgabe für die entstandenen Schäden in Höhe von einer Milliarde Reichsmark zu leisten.